Gute Betreuung zum Lebensstart - Erfolgreiches Ferkelmanagement

28 Juni 2023

Article Ferkeldurchfall Saugferkeldurchfall
  • Das Ferkelmanagement beginnt vor der Geburt
  • Intensive Betreuung zum Lebensstart eines Schweins zahlt sich aus
  • (Gesundheits-) Vorsorge spart Zeit und Geld
  • Erfolgsgröße sind die abgesetzten Ferkel je Sau
  • Mehr Effizienz durch kombinierte Arbeitsaufgaben

Zunehmend häufiger sind in der Praxis tierwohlgerechte Haltungen anzutreffen. Diese erfordern besonders in der Ferkelerzeugung einen höheren Arbeitszeitaufwand. Umso wichtiger ist es hier, nicht an der Betreuungsqualität der Ferkel zu sparen, sondern notwendige Tätigkeiten wie zootechnische Maßnahmen oder die Gesundheitsprophylaxe zusammenzufassen.

Gedanken zum Management von Würfen

Wo beginnt das erfolgreiche Wurfmanagement von Ferkeln eigentlich? Diese Frage ist so leicht oder schwer zu beantworten, wie jene, ob zuerst die Henne oder das Ei da war. Genau genommen beginnt es bereits mit der Aufzucht der Jungsauen, geht weiter mit der ersten Besamung, der Impf- und Parasitenprophylaxe, der Vorbereitung des Abferkelstalles und dann im Kreislauf von optimaler Versorgung der Sauen und ihren Würfen im Abferkelstall wieder ins Deckzentrum, den Wartestall...

Geburtsüberwachung

Die höchsten Verluste treten bei Schweinen um die Geburt und in der frühen Saugferkelphase auf. Neben dem ethischen Aspekt ist es eine Frage der Wirtschaftlichkeit, durch die Geburtsüberwachung das Überleben der Ferkel zu sichern. Je früher Tierbetreuer kleinen und lebensschwachen Ferkeln einen guten Platz an der Zitze sichern und sie anschließend ins wärmende Ferkelnest begleiten, desto besser sind ihre Überlebenschancen. Die Sorgenkinder der ersten Stunden können Entwicklungsnachteile dann rasch aufholen.

Die Tragezeit beträgt ungefähr 114 Tage. Wird die Geburt aus arbeitswirtschaftlichen Gründen zu früh eingeleitet, schmälert das die Überlebenschancen der Ferkel. Ideal verläuft eine Geburt, wenn im regelmäßigen Abstand von rund 15 Minuten Ferkel geboren werden. Vitale Ferkel, die nach der Geburt rasch an die Zitzen kommen, stimulieren nicht nur den Milchfluss, sondern regen durch die Oxytocinausschüttung auch die weitere Wehentätigkeit an. Stockt die Geburt für längere Zeit, sollte durch eine Untersuchung der weichen Geburtswege rasch die Ursache erkannt und abgestellt werden. Eine Notiz auf der Sauenkarte mit Uhrzeit und Zahl der bereits geborenen Ferkel minimiert das Risiko, dass ein stockender Geburtsverlauf übersehen wird und erleichtert die Abstimmung, wenn mehr als ein Mitarbeiter die Geburten begleitet. Die sorgfältige Geburtshygiene muss auch unter Zeitdruck selbstverständlich bleiben.  Sie reduziert maßgeblich das Risiko einer Gebärmutterentzündung und einen späteren Mehraufwand sowie -kosten durch kranke Sauen und schwächelnde Ferkel.

ABFERK~3

Bloß nicht die Übersicht verlieren! Das freie Abferkeln in größeren Gruppen sieht schön aus, birgt allerdings auch einige Gefahren. Nicht zu unterschätzen ist die Ausbreitung von Krankheiten, die hier eine große Gruppe naiver (ungeschützter) Wirte vorfindet: die Ferkel. Hier die Übersicht zu behalten und allen Tieren die nötige Portion Biestmilch zu gewähren ist eine Meisterleistung!

Nicht die durchschnittliche Wurfgröße ist entscheidend für den Erfolg des Ferkelerzeugerbetriebes, sondern die durchschnittliche Zahl gesunder, gleichmäßig schwerer Absetzferkel, die von der Sau nahezu allein versorgt wurden.

Ferkel schnell trocknen und wärmen

Das Trockenreiben unterstützt den Kreislauf der Ferkel. Je leichter Ferkel sind, umso länger benötigen sie nach der Geburt, um auf eine Körpertemperatur von 39 °C zu kommen und diese stabil zu halten.

Ist die Liegefläche der Sau durch Fruchtwasser durchnässt, steigt die Gefahr, dass sie beim Aufstehen ausrutscht und die noch unsicheren Ferkel unter sich erdrückt. Auch die Ferkel bewegen sich in einer trockenen Bucht sicherer und finden schneller einen Platz am Gesäuge. Nach der ersten Mahlzeit sollten die Ferkel einen warmen Platz im Ferkelnetz zur Verfügung haben und sich dort erholen können.

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Trocken ja, aber auch warm sollte es sein. Haufenbildung, wie hier zu sehen, sollte vermieden werden. Dies ist ein Anzeichen dafür, dass es den Ferkeln zu kalt ist. Hier muss dringend nachgebessert werden, eine Wärmelampe aufgehängt oder die Bodenheizung kontrolliert werden.

Ein großer Schluck Biestmilch

Der erste Weg des neugeborenen Ferkels muss an die Zitze führen, denn die Energiereserven sind nach der Geburt sehr klein. Im Kolostrum findet das Ferkel die notwendige Energie sowie Immunglobuline zur Abwehr von pathogenen Keimen. Das Immunsystem der Ferkel ist zum Zeitpunkt der Geburt völlig untrainiert. Nur die maternalen Antikörper aus der Biestmilch schützen die Neugeborenen in den ersten Lebenswochen vor Durchfallerregern und anderen Umweltkeimen. Innerhalb der ersten rund 24-Stunden nach der Geburt schließt sich die Darmschranke Stück für Stück, sodass maternale Antikörper nach 24 Stunden nicht mehr aufgenommen werden können.

Eine gesunde Sau produziert bis zu 5 Liter Kolostrum. Normalerweise reicht das auch für größere Würfe. Damit die später geborenen Ferkel noch gut versorgt werden können, kommen die erstgeborenen und ausreichend mit Biestmilch versorgten Ferkel vorübergehend in eine Kiste unter eine Wärmelampe oder werden im Ferkelnest vorübergehen von der Sau getrennt. Durch dieses sogenannte Split-Suckling kommen auch Nachzügler und schwächere Tiere in Ruhe zu ihrer wichtigen Portion von rund 250 mL Biestmilch.

Neben großen Würfen und hohen Mastleistungen sollte der Ferkelerzeuger bei der Auswahl der Genetik der Elterntiere die Vitalität der Ferkel unmittelbar nach der Geburt im Blick behalten. Diese bestimmt den Betreuungsaufwand in den ersten Lebensstunden und über die gesamte Säugezeit. Über 30 lebendgeborene Ferkel pro Sau und Jahr sind heute keine Seltenheit mehr. Umso wichtiger ist es deshalb, dass die Sauen auch eine große Zahl voll ausgebildeter Zitzen haben, um große Würfe möglichst allein versorgen zu können. Wurfausgleich, künstliche Ammen und Zufütterung kosten Zeit und Geld. Außerdem birgt das zu viele Versetzen von Ferkeln immer auch das Risiko gesundheitlicher Einbußen: Erreger können so zwischen den Würfen leicht hin und her getragen werden. Hier ist der betriebswirtschaftliche Überblick des Landwirtes gefragt. Nicht zwingend bedeuten maximale Wurfgrößen auch maximale Betriebsergebnisse.

Ferkel Säugen Sau Ferkelbett

Warm und sauber sollte ein Ferkelnest aussehen, mit einer rutschfesten Unterlage. Der Weg zum Gesäuge der Mutter ist nicht weit.

Wurfausgleich nicht zu spät

Erst wenn alle Ferkel ausreichend mit Kolostrum versorgt sind, können sie an eine Amme umgesetzt werden. Besteht das Risiko, dass die zuletzt geborenen Ferkel nicht ausreichend Biestmilch erhalten haben, sollte die ausgewählte Amme ihre eigenen Ferkel vor nicht mehr als zwölf Stunden geboren haben, um selbst noch ausreichend Immunglobuline zu liefern. Die Ferkel dürfen dann auch nicht älter als 24 Stunden sein, damit sie die Immunglobuline überhaupt noch aufnehmen können. Geht es beim Umsetzen an eine Amme darum, die Sau zu entlasten, weil sie zum Beispiel mehr Ferkel geboren hat, als Zitzen zur Verfügung stehen, empfiehlt es sich die größeren Ferkel umzusetzen. Am erfolgreichsten ist ein Wurfausgleich, solange es noch keine feste Zitzenordnung gibt, denn nur dann können auch die schwächeren Ferkel noch an milchreiche Zitzen im vorderen Bereich der Milchleiste wechseln.

Der wichtige 2. Lebenstag: Eisen- und Kokzidienbehandlung

Ferkel kommen mit geringen Eisenspeichern zur Welt, die sie anders als ihre wildlebenden Verwandten, nicht durch Wühlen und Aufnahme von eisenhaltiger Erde auffüllen können. Sie erhalten vorsorglich eine Eiseninjektion von 200 mg/mL Eisen-Dextran oder besser: Gleptoferron. Zeit und Geld sparen Ferkelerzeuger, die das Eisen in einer Kombination des Hochleistungswirkstoffes Gleptoferron (200 mg/Tier) und des Kokzidiostatikums Toltrazuril (45 mg/Tier) geben. Mit einer festen Gabe von 1,5 mL/Ferkel schützen sie Ihre Ferkel gleichzeitig und wirkungsvoll gegen Eisenmangelanämie und Kokzidiose. Über 70 % der Betriebe sind mit Kokzidien infiziert.1

An Kokzidiose erkrankte Ferkel leiden meist an pastösem, gelblichem Durchfall, ausgelöst durch eine Infektion mit den infektiösen Stadien (Oozysten) des Parasiten Cystoisospora suis. Besonders häufig tritt dieser im Zeitraum um die zweite Lebenswoche auf. Dieser ist äußerst hartnäckig und kostet bei der Reinigung der Abferkelbuchten für den nächsten Durchgang viel Zeit. Aber schon wenige Oozysten reichen aus, die bei der Reinigung in Nischen und Ritzen nicht erfasst wurden, um ungeschützte Ferkel im Folgedurchgang erneut zu infizieren.

Saugferkel ForcerisinejktionDie als 10-Tage-Durchfall bekannte Infektion schädigt den Darm und öffnet anderen gefährlichen Durchfallerregern wie Clostridien und Rotaviren Tür und Tor. Die Folgen sind ein geschädigtes Darmepithel, geringe Absetzgewichte und schlechte Mastleistungen, die nicht mehr aufgeholt werden können. Geschützte Ferkel zeigen in Untersuchungen durchschnittlich ein halbes Kilo höhere Absetzgewichte und eine bessere Futterverwertung in der Aufzucht.2 

Die Kombination von zootechnischen Maßnahmen erleichtert die Arbeit und spart Zeit. Auch das Ferkel muss weniger gehandelt werden. Dies wiederum reduziert auch entsprechend das Stresslevel beim Ferkel.

Ferkelimpfungen

Zur erfolgreichen Aufzucht und allgemeinen Herdengesundheit gehören präventive Maßnahmen dazu. Impfungen sicher die allgemeine Gesundheit, können die Ausbreitung verschiedenster Erreger und vor allem eine klinisch sichtbare Erkrankung mit all ihren Folgen reduzieren. Eine Übersicht über die wichtigsten Ferkelimpfungen bietet der folgende Kasten3:

Ferkelimpfunge

 

Hinney B, Cvjetkovic V, Espigares D, Vanhara J, Waehner C, Ruttkowski B, Selista R, Sperling D, Joachim A. Cystoisospora suis Control in Europe Is Not Always Effective. Front Vet Sci. 2020 Mar 4;7:113. DOI: 10.3389/fvets.2020.00113

Joachim A, Shrestha A, Freudenschuss B, Palmieri N, Hinney B, Karembe H, Sperling D. Comparison of an injectible toltrazuril-gleptoferron (Forceris®) and an oral toltrazuril (Baycox®) + injectible iron dextran for the control of experimentally induced piglet cystoisosporosis. Parasites & Vectors. 2018 11:206

Impfleitlinie Schwein, StiKo Vet am FLI, Stand 01.03.2023

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