- Primär- und Sekundärerreger lösen bakterielle Atemwegserkrankungen bei Schweinen aus
- Primärerreger können Krankheiten auch bei gesunden Schweinen direkt auslösen
- Sekundärerreger nutzen günstige Bedingungen oder Immunschwächen der Tiere aus
- Vorbeugung durch Impfungen, optimale Hygiene und Haltungsbedingungen
Erkrankungen der Atemwege bei Schweinen können viele verschiedene Ursachen haben. Als Faktorenkrankheiten können unterschiedliche Auslöser den Ausbruch der Krankheit begünstigen, so dass die Erreger leichtes Spiel haben. Eine der wichtigsten Erregergruppen sind dabei neben Viren und Parasiten die verschiedensten Arten von Bakterien.
Bakterien sind einzellige Organismen, die aber im Gegensatz zu Pflanzen, Tieren oder Menschen in ihrer Zelle keinen Zellkern besitzen. Sie gehören zu den einfachsten Lebensformen auf der Erde. Es gilt sowohl Krankheitserreger als auch nützliche Bakterien zu unterscheiden, zum Beispiel Bakterien der Darmflora, die die Verdauung unterstützen.
Die Bakterien können verschiedenste Formen haben: Man unterscheidet zum Beispiel stäbchenförmige Bazillen, kugelförmige Kokken oder gewundene Spirillen. Als Krankheitserreger können Bakterien mit geeigneten Antibiotika behandelt oder durch Impfungen vorgebeugt werden. Schauen wir uns nun die wichtigsten bakteriellen Erreger für Atemwegserkrankungen bei Schweinen genauer an!
Primär- und Sekundärerreger lösen bakterielle Atemwegserkrankungen bei Schweinen aus
Grundsätzlich gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Bakterienarten, die bei Schweinen Erkrankungen an den Atemwegen und eine Lungenentzündung (Pneumonie) verursachen können. Trotzdem gibt es wichtige Unterschiede bei den Erregern, die wir in Primär- und Sekundärerreger einteilen können.
Primärerreger können ohne weitere Umstände und unabhängig von negativen Einflüssen eine Erkrankung auslösen. Das bedeutet, sie können prinzipiell auch gesunde Tiere unter guten Haltungsbedingungen krank machen. Damit geht von den Primärerregern zunächst ein besonders hohes Gefahrenpotenzial für den Tierbestand aus. Als die beiden wichtigsten Primärerreger sind Mycoplasma hyopneumoniae (M. hyo) und Actinobacillus pleuropneumoniae (APP) zu nennen. Wobei APP sowohl Primär-, als auch Sekundärerreger sein kann, wenn es beispielsweise eine Vorinfektion mit M. hyo gab.
Neben den Primärerregern gibt es sogenannte Sekundärerreger. Diese Bakterien schaffen es in der Regel nicht ohne weiteres, ein gesundes Tier krank zu machen. Sie treten erst dann in Aktion, wenn ein Tier bereits durch einen Primärerreger vorerkrankt oder das Immunsystem bereits durch andere Faktoren geschwächt wurde. Sekundärerreger sind damit opportunistische Erreger, die eine sich bietende Chance nutzen.
Gefahr für gesunde Schweine durch bakterielle Primärerreger
Primärerreger sind durch ihre aggressiven Fähigkeiten, Infektionen direkt auslösen zu können, eine besondere Gefahr für die landwirtschaftlichen Tierbestände – auch für gesunde und starke Tiere. Zwei Erreger stehen dabei besonders im Fokus:
Mycoplasma hyopneumoniae
Der Erreger M. hyopneumoniae ist besonders für schwerwiegende und langanhaltende (chronische) Lungenentzündungen (enzootische Pneumonie) verantwortlich. Der Erreger lagert sich besonders an die Flimmerhärchen (Zillen) in der Lunge an, wodurch der natürliche Abtransport von Fremdkörpern und Mikroorganismen aus der Lunge behindert wird. Mit der Zerstörung der Flimmerhärchen öffnet M. hyopneumoniae anderen Erregern Tür und Tor und weitere Erkrankungen nehmen ihren Lauf.
Abbildung: Sektionsbild einer Spitzenlappenpneumonie. Der dunkelrot verfärbte Bereich zeit die Stellen der Lunge, die mit M. hyopneumoniae infiziert sind.
Actinobacillus pleuropneumoniae
Der Erreger A. pleuropneumoniae, kurz "APP" genannt, ist der zweite wichtige Primärerreger. Das Bakterium dringt über die Mandeln in die oberen Atemwege ein und wirkt sich dann in den Bronchien bis hin zu den Lungenbläschen aus, indem es Giftstoffe produziert, die Blutkörperchen und Zellen angreifen. Auch dieser Erreger hat das Potenzial, chronische Lungenentzündungen auszubilden, ist jedoch eher für die akute Form bekannt, bei der Tiere in der Mast plötzlich mit blutiger Rüsselscheibe tot im Abteil liegen.
Abbildung: Wenn Mastscheine, häufiger auch zum Ende der Mast, plötzlich mit rotem Schaum an der Rüsselscheibe versterben, ist häufig die APP beteiligt.
Gefährliche Trittbrettfahrer: Sekundärerreger nutzen die Chance bei schwachen Tieren
Sind Tiere im Bestand bereits durch Primärerreger, Immunschwäche oder unzureichende Haltungsbedingungen geschwächt, kann es schnell zu Infektionen durch Sekundärerreger kommen, die diese Chance nutzen. Im Schweinestall gehören dazu vor allem folgende Bakterien:
Streptococcus suis
Das Bakterium S. suis besiedelt bei älteren Tieren die Mandeln, allerdings kommt es nicht immer zu sichtbaren Symptomen. Ferkel können sich so unbemerkt während beziehungsweise bald nach der Geburt bei der Sau anstecken. Neben einer Lungenentzündung kann die Infektion auch zu Hirnhautentzündung (Meningitis) und Gelenksentzündungen führen. Auch Lungenembolien, also Verstopfungen der Blutgefäße der Lunge, können durch diesen Erreger verursacht werden. Besonders zu beachten ist das Zoonose-Potenzial des Erregers, was bedeutet, dass die Infektion auch auf den Menschen übertragbar ist.
Stämme von Pasteurella multocida
Neben einigen Stämmen von P. multocida, die als Primärerreger Lungenerkrankungen auslösen, sind die meisten Stämme dieses Bakteriums Sekundärerreger. Sie verursachen Schädigungen, die von den Bronchien auf die Lunge übergehen und zum Beispiel faserartige, zähe und schmierige Beläge bilden (fibrinöse Bronchopneumonie) oder eine Schleimhautentzündung der Atemorgane verursachen (katarrhalisch-eitrige Bronchopneumonie)
Verlauf und Folgen der Lungenentzündung bei bakterieller Infektion
Durch Bakterien ausgelöste Atemwegserkrankungen bei Schweinen sind in der Regel durch drei Symptome gekennzeichnet, die entweder sofort (APP) oder nach einigen Wochen (M. hyo) auftreten können:
- Husten
- erhöhte Körpertemperatur / Fieber
- hörbare Atemnot in unterschiedlicher Stärke
Der Verlauf der Erkrankungen kann allerdings auch innerhalb eines homogenen Bestandes stark voneinander abweichen. So gibt es Tiere, die zwar infiziert sind, jedoch kaum erkennbare Symptome zeigen. Andere Schweine können milde, aber auch akute oder chronische Verläufe zeigen. Im Extremfall sind auch Todesfälle möglich. Die wichtigste Maßnahme im täglichen Betrieb ist daher die regelmäßige und genaue Beobachtung der Tiere, um erste Anzeichen schnell zu erkennen.
Langfristige Auswirkungen sind allerdings in den meisten Fällen verminderte Tageszunahmen und folglich eine Verlängerung der Mastdauer. Auch die Fleischqualität kann beeinträchtigt werden und einmal erkrankte Tiere sind oft später noch anfälliger und müssen häufiger behandelt werden.
Vorbeugung durch Impfung und optimale Hygiene- und Haltungsbedingungen
Bakterielle Infektionen der Atemwege im Schweinebestand sind für jeden landwirtschaftlichen Betrieb eine Herausforderung. Entscheidend ist daher die Vorbeugung, um eine Ausbreitung unter den Tieren möglichst schon im Ansatz zu verhindern.
Hygiene und Haltungsbedingungen
Mit maximaler Hygiene und optimalen Haltungsbedingungen für die Tiere werden auch die aggressiven Bakterien in die Schranken gewiesen und der Infektionsdruck, also die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion, wird wirkungsvoll reduziert. Hilfestellung zu den allgemeinen Hygienemaßnahmen und vorbeugenden Maßnahmen für Abferkelstall, Flatdeck und Maststall gibt der vom französischen Virologen Dr. Madec entwickelte 20-Punkte-Plan.
Systematische Impfungen im Bestand
Impfstoffe sind ein wesentliches Instrument, um auch bakteriell ausgelösten Infektionskrankheiten im Nutztierbestand präventiv entgegen zu treten. Die aktive oder passive Immunisierung regt bei den Tieren eine Reihe von Prozessen an, die vollständig vor einer Erkrankung schützen oder den Verlauf einer Infektion deutlich abmildern.
Entscheidend für den Erfolg einer Impfung ist die Zusammenarbeit mit dem Tierarzt für die sorgfältige Planung und Vorbereitung nach einem bestandsgerechten Impfkonzept sowie die fachgerechte Durchführung und Erfolgskontrolle in der Nachbereitung.
Passive Immunisierung der Ferkel
Für die neugeborenen Ferkel ist die passive Immunisierung von großer Bedeutung. Diese erfolgt in den ersten Lebensstunden nach der Geburt durch die Aufnahme der Biestmilch (Kolostrum) von der Sau. Mit dieser Erstmilch nehmen die Ferkel die für sie so wichtigen Antikörper des Muttertiers auf und erhalten so eine passive Immunität. Die schnelle, ausreichende und qualitativ hochwertige Kolostrumgabe an die Ferkel ist daher ein ganz entscheidender Faktor für die zukünftige Widerstandsfähigkeit der Jungtiere und im Betrieb besonders sorgfältig durchzuführen und zu überwachen:
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