Erste Hilfe bei Influenzainfektionen
Ist in einem Bestand Influenza ausgebrochen, so ist es für die Bekämpfung des Virus bereits zu spät. Hier steht zunächst die Behandlung der Symptome im Vordergrund. Medikamente zur Fiebersenkung und ein wirksamer Schutz vor Infektionen durch weitere Erreger (Sekundärinfektionen) sind die wichtigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen. Bei Zuchtsauen mindern Fiebersenker den mit der Infektion verbundenen Stress, verringern das Abortrisiko und einen drohenden Milchmangel. Der Bestandstierarzt wägt eine antibiotische Behandlung ab, um bakterielle Sekundärinfektionen im vorgeschädigten Lungengewebe frühzeitig im Keim zu ersticken. Bei Influenzainfektionen kann ein schlechtes Stallklima mit hohen Schadgaskonzentrationen einen negativen Einfluss auf den Verlauf der Infektion nehmen. Im akuten Stadium benötigen die betroffenen Abteile eine zugluftfreie Versorgung mit viel Frischluft und bei Bedarf eine Anpassung der Temperatur im Bereich der erkrankten Tiere.
Hygiene und Schutzimpfungen
Influenzaimpfungen senken den Erregerdruck im Bestand und leisten einen wichtigen Beitrag, um die Bildung neuer Virusvarianten mit möglicherweise zoonotischem Potential (Übertragungsrisiko auf den Menschen) zu vermeiden. Sowohl gegen klassische als auch gegen pandemische Influenzaviren sind wirkungsvolle Impfstoffe auf dem Markt, die im Impfschema der Sauen einen festen Platz erhalten sollten. Auch für Ferkel beziehungsweise Mastschweine kann eine Influenzaimpfung sinnvoll sein.
Experten raten zur Bestandsimpfung von Sauenherden, um eine gleichmäßige Herdenimmunität hervorzurufen.1 Zum Eingliederungsmanagement von ungeschützten Jungsauen zählen möglichst wenige Einstalltermine, eine umsichtige Quarantäne (auch von Ebern), eine Testung auf das Influenza A Virus und die Impfung vor der Integration in die Sauenherde. Etliche Züchter haben bereits die Impfung ihrer Jungsauen gegen pandemische Influenza noch im Zuchtbetrieb als Vermarktungsvorteil in viehdichten Regionen erkannt und in ihre Immunprophylaxe aufgenommen.
In Deutschland sind derzeit zwei Impfstoffe gegen das Influenzavirus zugelassen. Der eine ist gegen die klassischen Subtypen H1N1, H1N2 und H3N2 wirksam, ein weiterer gegen die pandemischen Stämme. Gut verträgliche Adjuvantien ermöglichen einen breiteren Impfschutz als man diesen von Humanimpfstoffen kennt. Die Schutzwirkung erfolgt über die Hämagglutinin-Komponente, welche sich im Influenzavirus des Schweins nicht so stark verändert wie beim Menschen. So muss diese, nicht wie in der Humanmedizin, zu jeder Grippesaison neu angepasst werden. Außerdem muss ein veränderter Impfstoff in der Tiermedizin, anders als in der Humanmedizin, stets ein aufwändiges Zulassungsverfahren mit umfangreichen Wirksamkeits- und Verträglichkeitsstudien durchlaufen.
Eine sogenannte sterile Immunität ist bei der Influenzaimpfung, wie bei vielen anderen Impfungen, nicht gegeben und völlig normal. Das heißt, bei geimpften Tieren kann immer wieder Virusmaterial gefunden werden, was jedoch nicht zur klinischen Erkrankung der infizierten Tiere führt. Die Schutzwirkung besteht also nur für tatsächlich geimpfte Tiere. Die Saugferkel geimpfter Sauen sind durch die Weitergabe der mütterlichen Antikörper ebenfalls zunächst vor einer klinischen Erkrankung geschützt. Wird die Impfung abgesetzt, beziehungsweise bei Ferkeln gar nicht erst eingeführt, besteht jederzeit die Gefahr, dass die Tiere wieder an Influenza erkranken.
Die Influenza Impfung beim Schwein ist etabliert
Neben der Impfprophylaxe ist auch eine Optimierung der Managementmaßnahmen auschlaggebend für eine Senkung des Risikos von Sekundärinfektionen bei klassischen oder schweren pandemischen Influenzaverläufen. Sauen sollten ein sorgfältig gereinigtes und desinfiziertes Abferkelabteil nur gewaschen beziehen. Ein konsequentes Rein-Raus-Verfahren vermeidet eine Ansteckung durch die Mischung von Tiergruppen. Eine gute Futter- und Wasserversorgung trägt zur Darmgesundheit bei und stärkt damit eines der wichtigsten Organe des Immunsystems. Ein gutes Stallklima mit angemessener Temperatur, Luftfeuchte und geringen Schadgaskonzentrationen fördert das Wohlbefinden der Tiere und schützt Atemwege vor anhaltenden Reizungen. Auch Überbelegung fördert Stress und schwächt das Immunsystem der Tiere. Neben einer konsequenten Impfung der Sauen ist die Umsetzung des 20-Punkteplans nach Madec mit prophylaktischen Maßnahmen der Hygiene und des Tiermanagements in allen Altersstufen ein wichtiger Schritt, um die pandemische Influenza wirkungsvoll zu kontrollieren.
Wenn der Landwirt Grippe hat
Auch wenn die Zahl der Mitarbeiter/-innen und Menschen, die den Bestand betreten, in den meisten Beständen überschaubar und gut zu kontrollieren ist, spielt der Mensch nach aktuellem Kenntnisstand bei der Übertragung der pandemischen Influenza eine bedeutende Rolle. Ein Restrisiko bleibt trotz aller Biosicherheitsmaßnahmen immer, dass auch infizierte Menschen ohne Symptome das Virus in den Bestand bringen. Tierbetreuer/innen mit Grippesymptomen sollten keinen Tierkontakt haben, um den Bestand vor dem Eintrag von humanen Influenzaviren zu schützen. Lässt sich der Zutritt nicht vermeiden, sollte zum Schutz der Tiere eine FFP2- oder medizinische Masken getragen werden. Tierbetreuer/innen sollten sich und ihre Umgebung vor Infektionen durch eine prophylaktische Grippeimpfung schützen. Die aktuellen Vierfachimpfstoffe der Humanmedizin enthalten auch einen pandemischen Influenzastamm.
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1 StIKo Vet. Leitlinie zur Impfung von Schweinen. 2019. Friedrich-Loeffler-Institut