Situation im Schweinemarkt: Weniger Tiere, steigende Preise, steigende Kosten

12 Juli 2023

Article Eisenmangelanaemie
  • Zahl der Betriebe mit Schweinen in Deutschland sinkt
  • Schweinebestände sind in Deutschland rückläufig
  • Ein Lichtblick im Schweinemarkt: verringertes Angebot lässt Preise steigen
  • Hohe Produktionskosten für schweinehaltende Betriebe
  • Ausblick: Gute Schweinepreise, hoher Kostendruck, schwieriges Verbraucherumfeld

Die wirtschaftliche Lage in vielen schweinehaltenden Betrieben ist weiterhin angespannt. Die vergangenen Jahre haben finanziell teils große Löcher hinterlassen, die insbesondere durch die explodierenden Produktionskosten entstanden sind und noch immer ein Problem darstellen. Hohe Preise für Futtermittel und enorm gestiegene Energiekosten sind sowohl für Ferkelerzeuger als auch in der Schweinemast eine hohe Belastung.

Damit einher geht eine rückläufige Entwicklung der Tierbestände in der gesamten EU: Die Bestände gingen von 2021 bis 2022 um 5,8 % zurück.1 Insgesamt waren es 7,68 Millionen weniger Tiere innerhalb der EU. 

Gleichzeitig ist aktuell ein starker Anstieg bei den Schlachtschweinepreisen zu verzeichnen. Durch das gesunkene Lebendangebot und geringe Lagerbestände an Schweinefleisch sind die Preise teilweise auf Rekordwerten. Doch was bleibt am Ende übrig? Die aktuell hohen Erlöse sind für die verbliebenen Betriebe überlebenswichtig, auch, wenn die Kosten weiterhin auf dem hohen Niveau verbleiben.

Zahl der schweinehaltenden Betriebe in Deutschland sinkt

Schweinehaltende Betriebe sind in Deutschland weiterhin unter hohem wirtschaftlichen Druck. Schon seit 2010 ist der inländische Schweinefleischverbrauch rückläufig. Zunächst konnten die Umsatzausfälle in Deutschland zum Teil durch die steigenden Exporte aufgefangen werden, bis jedoch das Auftreten der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland den Export in Drittländer vollständig zusammenbrechen ließ. Auch die nachwirkenden Belastungen während der Corona-Pandemie, steigende Futtermittelkosten und die seit dem Krieg in der Ukraine extrem gestiegenen Energiekosten für Strom und Gas sind Bedingungen unter denen deutsche Schweinehalter wirtschaften müssen.

Alle Faktoren gemeinsam haben in den letzten Jahren zu einem Rückgang von schweinehaltenden Betrieben geführt. Während es in Deutschland im Jahr 2013 noch etwa 30.000 Betriebe mit Schweinen gab, ist die Zahl inzwischen deutlich unter 20.000 Betriebe gefallen: Im November 2022 betrug die Zahl der Betriebe noch 16.900 (Destatis, Stand 28. Februar 2023), zum Mai 2023 sank die Zahl schweinehaltender Betriebe erneut auf 15.900 (Destatis, Stand 26. Juni 2023). Das ist innerhalb von zehn Jahren fast eine Halbierung der Betriebe und ein unübersehbares Zeichen für den aktuellen Strukturwandel.

Anzahl Betriebe in Deutschland

Die Zahl der schweinehaltenden Betriebe sinkt seit Jahren beständig. Allein in den vergangenen zehn Jahren haben über 10.000 Betriebe aufgehört, eine Reduktion um 43,4 %.2

Schweinebestände sind in Deutschland weiter rückläufig

Gleichzeitig mit der sinkenden Zahl der schweinehaltenden Betriebe in Deutschland sinkt auch der Schweinebestand insgesamt. In Bezug auf die einzelnen Produktionsstufen zeigt sich diese Entwicklung ebenfalls, seien es Zuchtsauen, Ferkel, Jung- oder Mastschweine. Entgegen der häufigen Annahme, dass besonders kleinere Betriebe ihre Schweinehaltung überdacht haben, gibt es ebenso größere Bestände, die sich dieser veränderten Situation nicht mehr stellen wollten oder konnten. 

Im November 2022 wurden insgesamt 21,3 Millionen Schweine erfasst, im Mai 2023 waren es schon nur noch etwa 20,7 Millionen (Destatis, Stand 26. Juni 2023). Folglich wird in der Gesamtzahl der Schweine ein seit Jahren anhaltender Trend weiter fortgeführt. Bestätigt wird dies auch in der Anzahl der gehaltenen Zuchtsauen: Ihre Zahl ist mit Stand November 2022 auf 1,4 Millionen gesunken und hält sich hier zunächst konstant. Trotzdem hat sich der Zuchtsauenbestand in den vergangenen 15 Jahren um etwa 40 % verringert. Die Futterindustrie registriert Ende 2022 weitere Umsatzeinbrüche bei Ferkel- und Sauenfutter und Besamungsstationen beklagen Rückgänge beim Spermaverkauf. In der Folge wird das Angebot an Schlachtschweinen am Markt weiter sinken. Seit Anfang 2023 bemerkt man, auf Grund steigender und aktuell halbwegs stabiler Ferkelpreise, mancherorts ein vorsichtiges Aufatmen.

Schweinebestände Deutschland

Vor allem seit 2020 wird ein beständiger Rückgang des Schweinebestandes in Deutschland verzeichnet. Die Jahre der Corona-Pandemie und die aktuelle Kriegssituation in der Ukraine hat den Trend der letzten 15 Jahre verstärkt.2 

Ein Lichtblick im Schweinemarkt: verringertes Angebot lässt Preise steigen

Während die Sauenbestände nicht nur in Deutschland, sondern insgesamt in der EU zurückgehen, kommt es auf der anderen Seite zu Steigerungen sowohl der Ferkelpreise als auch der Schlachtpreise für Schweine. Dies sind gute Nachrichten für die Erzeuger, die in dem allgemein weiter angespannten wirtschaftlichen Umfeld mit besseren Einnahmen rechnen können.

Natürlich ist der sogenannte "Schweinezyklus" allgemein bekannt. Die steigenden Preise sind immer nur einem begrenzten zeitlichen Rahmen zu sehen, bis die Situation von Angebot und Nachfrage sich wieder umkehrt. Doch im Gesamtbild ist der Rückgang auf der Erzeugerseite in der Breit so groß, dass zum Teil sogar Engpässe in der Versorgung nicht auszuschließen sind. Geringe Lagerbestände und ein knappes Angebot sorgen derzeit für den starken Preisanstieg für schlachtreife Schweine und die Ferkelpreise sind aktuell auf sehr hohem Niveau. Zusätzlich steigt auch die Nachfrage asiatischer Länder wieder nach deutschem Schweinefleisch. Gerade Betriebe mit hoher Exportorientierung könnten davon profitieren.

EU Ferkelpreise

Die Entwicklung der Ferkelpreise der letzten vier Jahre war von einem ständigen Auf und Ab geprägt. Der Tiefpunkt war in der zweiten Jahreshälfte 2022 erreicht. Inzwischen haben sich die Ferkelpreise in Deutschland und Europa nicht nur erholt, sondern ein seltenes Hoch erreicht. Ferkel sind wieder begehrt!3 

Schlachtpreise Schwein

Auch die Schlachtpreise entwickelten sich in den letzten zwei Jahren äußerst positiv. Die ersten Zahlen für 2023 zeigten sich konstant hoch wie schon lange nicht mehr.

Hohe Produktionskosten belasten schweinehaltende Betriebe

Während die gestiegenen Preise für Ferkel und schlachtreife Schweine gute Nachrichten für die deutschen Betriebe sind, bleiben die hohen Kosten in der Produktion weiterhin ein Problem. Dabei sind Futtermittel- und Energiekosten neben der allgemeinen Tiergesundheit die beiden wichtigsten Faktoren, die für den wirtschaftlichen Erfolg eines Betriebs entscheidend sind.

Die Futtermittelpreise haben zuletzt eine enorme Preisexplosion erlebt, die sich auf alle Betriebe mit Nutzvieh direkt auswirkt. Derzeit sind die Preise glücklicherweise wieder rückläufig, allerdings immer noch auf hohem Niveau. Einsparungen beim Futter sind aber nicht möglich, ohne den Bestand zu reduzieren - was sich wiederum auf die Erlöse auswirkt.

Gleichzeitig sind die Energiekosten für Strom und Gas ebenfalls in die Höhe geschossen. Doch Heizung und Lüftung müssen in der Tierhaltung weiterhin konstant arbeiten, um optimale Haltungsbedingungen und das Tierwohl zu gewährleisten.

Weder bei den Futtermitteln noch beim Energieverbrauch sind also Einsparungen sinnvoll umsetzbar. Gehen in der derzeitigen Situation unter diesem hohen Kostendruck die Erzeugerpreise wieder zurück, wird die wirtschaftliche Lage in vielen Betrieben erneut problematisch werden.

Ausblick: Gute Schweinepreise, hoher Kostendruck, schwieriges Verbraucherumfeld

Die schweinehaltenden Betriebe haben schwierige Jahre hinter sich und bleiben weiter unter wirtschaftlichem Druck. Die aktuell guten Verkaufspreise sind positiv zu beurteilen, doch grundlegende Probleme bleiben erhalten. Schon jetzt wird in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern mit hohen Kosten produziert. Im internationalen Wettbewerb ist dies unverändert ein Nachteil. Die gestiegene Inflation droht ebenfalls die Erlöse der Landwirte aufzufressen.

Auf der Verbraucherseite sind gleichzeitig Entwicklungen zu sehen, die sich langfristig auswirken. Der Schweinefleischkonsum in Deutschland sinkt seit Jahren: 2011 lag der Verbrauch in Kilogramm pro Kopf noch bei 40,1 kg Schweinefleisch, 2016 nur noch bei 36,7 kg. Ein Rückgang von 8,5 %. Bis 2021 hat sich der Trend noch beschleunigt: Der Verbrauch lag nur noch bei 31,0 kg pro Kopf, ein Rückgang von 15,5 %. Insgesamt hat sich der Schweinefleischkonsum in Deutschland damit in den zehn Jahren von 2011 bis 2021 um etwa ein Viertel reduziert.

Fleischkonsum pro Kopf

Der Fleischkonsum pro Kopf ist in den letzten Jahren über alle Spezies hinweg gesunken. Schweinefleisch bleibt allerdings weiterhin an der Spitze - zumindest bei den Deutschen!5 

Hinzu kommt die derzeitige allgemeine wirtschaftliche Lage auch auf der Verbraucherseite. Inflation und höhere Lebenserhaltungskosten betreffen Konsumenten in Deutschland und in der EU und sorgen für ein verändertes Kaufverhalten. Qualitätswaren wie zum Beispiel Fleischerzeugnisse der Haltungsform 2, die für die Initiative Tierwohl (ITW) zählen, verlieren im Preiswettbewerb in den Verkaufsregalen an Boden, wenn Konsumenten zu günstigeren Angeboten greifen müssen.

Zusammenfassend muss man festhalten, dass die schweinehaltenden Betriebe in Deutschland weiter in einer sehr angespannten Marktsituation mit ungewissen Tendenzen verbleiben. Umso wichtiger ist es, im einzelnen Betrieb konzentriert und effizient zu arbeiten, um Kosten zu reduzieren und von den aktuell steigenden Preisen zu profitieren.

Zu guter Letzt aber noch ein positiver Ausblick: Die CO2-Bilanz konventioneller Schweinehaltung (und auch der Bio-Haltung) liegen im Vergleich der anderen Nutztierarten (Geflügel und Rind) mit 4,6 und 5,2 kg CO2-Äquivalente pro Kilogramm Fleisch ziemlich niedrig. Das kann sich doch sehen lassen!

CO2-Äquivalente

Übersicht über eine Auswahl verschiedener pflanzlicher und tierischer Lebensmittel in verarbeiteter und unverarbeiteter Form. Das deutsche Schweinefleisch, sowohl konventionell gehaltener Tiere wie auch der Biohaltung, schneidet dabei mit einem vergleichsweise geringen CO2-Fußabdruck sehr gut ab.6 

 

1 ISN Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands e.V.; https://www.schweine.net/news/eu-weiter-strukturwandel-in-der-schweinehaltung.html

2 Statistisches Bundesamt (destatis); https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/06/PD23_247_413.html (Zugriff: 28.06.2023)

3 Statistisches Amt der Europäischen Union (Eurostat); https://agridata.ec.europa.eu/extensions/DashboardPigmeat/PigmeatPricesPiglets-m.html (Zugriff: 28.06.2023)

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft; https://www.bmel-statistik.de/preise/preise-fleisch (Zugriff: 28.06.2023)

5 Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft; https://www.ble.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/220330_Versorgungsbilanz-Fleisch.html (Zugriff: 28.06.2023)

6 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1197941/umfrage/co2-fussabdruck-von-fleisch-fisch-und-fleischalternativen-in-deutschland/ (Zugriff: 28.06.2023)

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