- Pandemische Influenza beim Schweinen nimmt zu
- PCV2 begünstigt Atemwegsinfektionen durch Sekundärerreger
- PRRS-Virus greift Atemwege und Fortpflanzungsfähigkeit der Schweine an
- Impfungen verringern die Auswirkungen von viralen Infektionen
Viren gehören auch bei Schweinen zu den allgemein bekannten Erregern für Atemwegserkrankungen aller Art. Von leichtem Husten und Schnupfen bis zu schwerwiegenden Lungenentzündungen gehen viele Erkrankungen auf virale Infektionen zurück. Und die Folgen sind nicht zu unterschätzen: Zunächst leiden die Tiere selbst stark unter den Infektionen. Darüber hinaus schlagen sich die Erkrankungen auch wirtschaftlich nieder: Kümmerer, geringere Tageszunahmen, reduzierte Futterverwertung, erhöhte Sterblichkeit in Aufzucht und Mast, plötzliche Todesfälle bei Sauen, Fruchtbarkeitsprobleme, erhöhte Behandlungskosten und letztlich schwache Leistungen in Aufzucht und Mast schmälern den Betriebserfolg langfristig.
Aber um welche Viren handelt es sich genau? Die drei häufigsten und wichtigsten viralen Erreger für Atemwegserkrankungen bei Schweinen sind verschiedene Influenzaviren, das Porzine Circovirus Typ 2 (PCV2) und das Porzine Reproduktive und Respiratorische Syndrom Virus (PRRSV). Sie alle sind in vielen Schweinebeständen weltweit verbreitet. Doch wie unterscheiden sie sich und was kann man im Betrieb gegen diese Erreger unternehmen? Lassen Sie uns deshalb die für Atemwegserkrankungen bei Schweinen verantwortlichen Viren genauer betrachten!
Schweinegrippe durch Influenza A Viren
Die "echte" Grippe ist nicht nur bei Menschen ein Thema, sondern auch in der Schweinehaltung inzwischen nahezu ganzjährig zu beobachten und weltweit in den Schweinepopulationen verbreitet. Ausgelöst wird die Infektionskrankheit durch die Influenza A Viren. Dieses Virus gehört zu den Primärerregern, das bedeutet, dass sie es schaffen, ohne weitere begünstigenden Umstände eine Infektion auszulösen.
Allerdings sind die Schweine nicht nur durch den ursprünglichen Schweinegrippeerreger (porzine Influenzaviren) gefährdet, sondern auch Erreger der Vogelgrippe (aviäre Influenzaviren) und ebenso humane Viren können eine Infektion auslösen. Gleichzeitig kann es zu einer Übertragung auf den Menschen kommen. Diese Viren besitzen also ein sogenanntes zoonotisches Potenzial. Auch umgekehrt besteht die Gefahr der Übertragung vom Menschen auf das Schwein.
Influenzaviren können - je nach ihrer genetischen Struktur - zwischen den verschiedenen Tierarten und dem Menschen ausgetauscht werden. Aviäre, also vom Vogel stammende Subtypen können Schweine und Menschen infizieren. Die pandemischen Subtypen können zwischen den Schweinen und Menschen immer wieder ausgetauscht werden. Innerhalb der Populationen Vogel, Schwein und Mensch kommt es zusätzlich zu genetischen Veränderungen und Austausch einzelner Genabschnitte, wodurch ebenfalls neue Varianten entstehen können.
Die Influenza ist ein sehr komplexes Thema. Die vielen verschiedenen Subtypen des Virus erschweren die Bekämpfung zusätzlich, da es immer wieder zu veränderten Erregertypen kommt. Die wichtigsten Typen, sie unsere Hausschweine betreffen, sind bekannt und treten immer wieder auf. Dazu gehören in der Schweinehaltung in Europa vor allem H1N1, H3N2, H1N2 und H1pdmNx. Welche Subtypen in Ihrer Region am häufigsten auftreten, kann man in der Dynamic Swine Flu Map nachsehen.
Die Dynamic Swine Flu Map kann die verschiedenen Subtypen filtern. In dieser Ansicht sind die pandemischen Influenzastämme, isoliert aus der Routinediagnostik in Deutschland, seit 2018 dargestellt.
Symptome der Schweine-Influenza
Die Influenza bricht nach etwa ein bis zwei Tagen Inkubationszeit aus und wird durch hohes Fieber begleitet. Ebenfalls zu beobachten sind verringerte Aktivität und verminderte Futteraufnahme. Nach etwa drei bis vier Tagen entwickelt sich bei den Tieren der starke Husten. Weiterhin kommt es meistens zu erschwerter Atmung, Nasenausfluss oder auch Bindehautentzündungen. Während die Symptome bei Tieren aller Altersgruppen meistens sehr ähnlich sind, kann es bei trächtigen Sauen zusätzlich zu Fehlgeburten kommen oder die Ferkel sind bei der Geburt lebensschwach. Bei frühträchtigen Sauen kann Influenza auch zu einer erhöhten Umrauscherquote führen.
Pandemische Influenza unter Schweinen nimmt zu
Neben der oft saisonal eingeschätzten "klassischen" Influenza treten seit etwa 2009 vermehrt Erreger auf, die pandemisch aktiv sind, also im Prinzip weltweit permanent unabhängig von der Jahreszeit für Erkrankungen sorgen. Diese pandemischen Stämme unterdrücken die Abwehrreaktion des Immunsystems und können auch die Wirksamkeit von Impfungen verringern. Oft sind diese Erkrankungen auch von den Symptomen her unauffällig oder nur gering ausgeprägt. Sie wirken sich allerdings negativ auf die Reproduktion aus und öffnen die Tür zum Beispiel für bakterielle Sekundärinfektionen mit schweren Verläufen und Lungenschädigungen. Tierverluste und schwache Leistungen der Tiere im Bestand steigen dann stark an.
PCV2 begünstigt Atemwegsinfektionen durch Sekundärerreger
Die Abkürzung PCV2 steht für das Porzine Circovirus Typ 2, das inzwischen weltweit in Schweinebeständen nachweisbar ist. Der Erreger greift das Immunsystem der Schweine an und macht die Tiere damit anfälliger für sekundäre Atemwegsinfektionen zum Beispiel durch bakterielle Erreger wie M. hyopneumoniae oder APP. Das Virus ist damit auch ein wesentlicher Teil der Problematik des Porcine Respiratory Disease Complex (PRDC), bei dem mehrere Erreger im Zusammenspiel die Atemwegserkrankungen und die kümmerliche Entwicklung der Jungtiere verursachen.
PCV2 ist mutationsfreudig und es gibt mittlerweile mehrere Varianten: PCV2a, PCV2b und PCV2d. Da das Virus keine Hülle besitzt, ist es sehr widerstandsfähig, zum Beispiel gegen Säure und Hitze. Es kann einen sehr sauren pH-Wert von unter 2 aushalten und widersteht Temperaturen von 75 °C über 15 Minuten lang.1 Das Virus ist auch mit Desinfektionsmitteln nur schwer zu bekämpfen.
Symptome der PCV2-Infektion
Neben Fieber, Husten und Niesen treten bei einer PCV2-Infektion auch starke Atemprobleme, Nasenausfluss und gerade bei Ferkeln Bindehautentzündungen auf. Die Jungtiere im Alter von etwa 8 bis 16 Wochen werden meistens durch Wachstumsstillstand negativ beeinflusst und entwickeln sich zu Kümmerern. Infizierte Sauen erleiden oft Aborte oder gebären lebensschwache Ferkel.
Das Porzine Dermatitis-Nephropathie-Syndrom (PDNS) ist ein ebenfalls durch PCV2 verursachtes Krankheitsbild. Dabei kommt es, wie im Bild gezeigt, unter anderem zu Einblutungen in die Haut.
Impfung gegen PCV2 ist dringend zu empfehlen
Auch die PCV2-Infektion ist eine Faktorenerkrankungen, sodass die Vorbeugung schon mit optimalen Haltungsbedingungen und bestmöglicher Hygiene beginnt. Trotzdem ist eine konsequente Impfung gegen diesen Erreger der beste Schutz für die Tiere und auch das Mittel der Wahl, um wirtschaftliche Verluste im Betrieb zu verhindern. Ferkel sollten deshalb kurz vor dem Absetzen geimpft werden. Trotz der Mutationen wirken alle kommerziellen Impfstoffe gegen das Virus. Besteht bereits ein hoher Infektionsdruck in einem Bestand, sollte in Absprache mit dem Tierarzt auch eine Sauenimpfung durchgeführt werden.
PRRS-Virus greift Atemwege und Fortpflanzungsfähigkeit der Schweine an
Der dritte sehr häufig in Schweinebeständen auftretende virale Erreger ist das Porzine Reproduktive und Respiratorische Syndrom Virus, kurz PRRS-Virus. Es greift einerseits die Atemwege der Tiere an und führt andererseits bei trächtigen Sauen zu Aborten sowie hohen Verlusten unter den Saugferkeln. Dabei sind im Detail auch bei diesem Virus verschiedene Subtypen des Erregers zu unterscheiden, die entweder verstärkt die Atemwege oder die Fortpflanzung beeinträchtigen und unterschiedlich schwere Krankheitsverläufe auslösen können. Das aus RNA bestehende Genom zeigt eine hohe Variabilität, sodass immer wieder neue Varianten entstehen. Die Lungenmakrophagen, also die Fresszellen der Lunge stellen die Zielzellen des PRRS-Virus dar, hier vermehrt es sich, wodurch die körpereigene Abwehr der Tiere stark geschwächt und Sekundärerreger direkt über die Lunge eindringen können.
Symptome der PRRSV-Infektion
Die PRRSV-Infektionen im Lungenbereich sind stark davon abhängig, welche Sekundärerreger die Schwächung des Immunsystems im Lungenbereich ausnutzen. Die Symptome der betroffenen Tiere aus verschiedenen Beständen können daher auch sehr unterschiedlich ausgeprägt sein.
Die durch das PRRS-Virus ausgelösten Lungenveränderungen sind über die gesamte Lunge hinweg verteilt.
Bei infizierten Sauen kommt es zum sogenannten "seuchenhaften Spätabort" mit hohen Verlusten im letzten Drittel der Trächtigkeit. Die Symptome bei den erkrankten Tieren sind jedoch zunächst oft unauffällig, zum Beispiel durch ein nur kurzzeitige Fressunlust oder leicht erhöhte Körpertemperatur. Folgenschwerer sind dagegen die Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit mit verkürzter Tragezeit, Aborten, Totgeburten, geringerer Wurfgröße und lebensschwacher Ferkel. Dies kann langfristige Folgen für die Fruchtbarkeit haben.
Ferkel infizierter Sauen sind oft lebensschwach und anfällig für verschiedenste Krankheiten und Entzündungen. Dabei kann es in der Folge zu hohen Verlusten von bis zu 75 % unter den Jungtieren kommen. Ferkel, die die PRRSV-Infektion überleben, bleiben weiter anfällig für Folgeerkrankungen und kümmern.
Impfungen verringern das Risiko der viralen Infektionen
Wie alle Erkrankungen sind auch die viralen Atemwegserkrankungen für die Schweine selbst und für den wissenschaftlichen Erfolg eines Betriebs stark belastend. Die Vorbeugung von Erkrankungen ist daher absolut entscheidend. Optimale Haltungsbedingungen und Hygiene sind dazu die Grundvoraussetzung. Ein weiterer wichtiger und fast unverzichtbarer Baustein ist der Impfschutz der Tiere. Gerade virale Erkrankungen im Bestand können durch Impfungen eingedämmt oder Krankheitssymptome verhindert beziehungsweise reduziert werden.
Impfungen sind heute sowohl gegen verschiedenste Influenza-Stämme als auch gegen PCV2 und PRRSV verfügbar. Die regelmäßige Impfung der Tiere in enger Zusammenarbeit mit dem Hoftierarzt ist unbedingt zu empfehlen. Sprechen Sie deshalb mit Ihrem Tierarzt über ein für Ihren Betrieb optimales Impfkonzept!
Letztendlich lassen sich alle vorher genannten Krankheiten nur durch ein angepasstes und regelmäßiges Impfregime sowie (simple) Managementmaßnahmen unter Kontrolle bringen.
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1 Segales J, Allan GM, Domingo M. Circoviruses. In Diseases of Swine. Eds: Zimmerman JJ, Karriker LA, Ramirez A, Schwartz KJ, Stevenson GW. (2019)