Atemwegserkrankungen bei Schweinen und ihre finanziellen Folgen

16 Juni 2023

Article Atemwege
  • Reproduktionsverluste durch Influenza bei Sauen
  • Atemwegserkrankungen verringern die Mastleistung
  • Das Fazit: Investitionen in die Tiergesundheit lohnen sich!

Atemwegserkrankungen im Schweinestall sind nicht nur eine Belastung für das Tier im Einzelnen, sondern auch für den landwirtschaftlichen Betrieb insgesamt. Untrennbar mit der Erkrankung verbunden sind die finanziellen Folgen, denn die Kosten für die tierärztliche Behandlung und notwendige Medikamente summieren sich schnell.

Aktuell ist der Kostendruck auf Grund der Inflation und bei steigenden Preisen für Energie oder Futtermittel hoch. Ist es wirtschaftlich sinnvoll, Maßnahmen für die Tiergesundheit zu hinterfragen und diese einzusparen? Verständnisvolle Gedanken, finanziell betrachtet. Schon aus Gründen des Tierwohls verbieten sich solche Überlegungen allerdings sofort! Und auch aus wirtschaftlicher Sicht kommen wir zu dem Ergebnis, dass sich Investitionen in die Tiergesundheit unterm Strich auszahlen. Dabei wird regelmäßig deutlich: Erkrankungen wirken sich negativ auf die Leistungsfähigkeit der Tiere aus. Umgekehrt bringen gesunde Bestände stabile Erträge und sichern damit entscheidend den Betriebserfolg. Betrachten wir daher die finanziellen Folgen - speziell bei Atemwegserkrankungen - im Schweinestall etwas genauer!

  • Gesunde Sauen ohne Atemwegserkrankungen setzen mehr Ferkel ab
  • Investitionen in die Sauengesundheit bringen mehr gesunde und geschützte Ferkel und erhöhen den Deckungsbeitrag
  • Atemwegserkrankungen verringern die Mastleistung deutlich
  • Geringere Tageszunahmen und eine schlechtere Futterverwertung verursachen längere Mastzeiten und höhere Haltungskosten

Reproduktionsverluste durch Influenza bei Sauen

Ein wirtschaftlich entscheidender Bereich ist die Reproduktionsrate der Sauen. Wie sich Influenza-Viren auf die Reproduktion auswirken, wurde in einer Studie der Klinik für Schweine in München untersucht.1

Influenza stört die Reproduktion

Grundsätzlich beeinflussen sowohl "klassische" als auch pandemische Influenzastämme bei Sauen die Reproduktion:

  • Vermehrtes Umrauschen, besonders bei pandemischer Influenza
  • Fieberbedingte Aborte sind bei "klassischer" Influenza auch möglich
  • Auch ohne erkennbare Ursache kommt es zur Resorption und Aborten in den verschiedenen Stadien der Trächtigkeit
  • Lebensschwache Ferkel und allgemein schlechtere Wurfqualität

Reproduktionsstörungen bei 4 von 5 Betrieben

In der Influenza-Studie wurden 129 sauenhaltende Bestände erfasst, in denen noch keine pandemische Influenzaimpfung durchgeführt wurde. In 79,8 % der Bestände wurden als klinisches Symptom insbesondere Reproduktionsstörungen festgestellt. Das heißt, 4 von 5 der erfassten Betriebe haben durch Influenza-Ausbrücke Probleme und können so nicht optimal wirtschaftlich arbeiten.

Pandemische Influenzaimpfung konnte die Reproduktion verbessern

Nach einer pandemischen Impfung in den Beständen konnte in allen wichtigen Parametern der Reproduktion eine positive Entwicklung festgestellt werden:

  • In 75 % der Betriebe wurde die Umrauschquote gesenkt
  • In 57 % der Betriebe wurde die Abortrate gesenkt
  • In jedem zweiten Betrieb wurden die Saugferkelverluste gesenkt
  • In 70 % der Betriebe wurde die Zahl der lebendgeborenen Ferkel pro Wurf gesteigert

Steigerung der Zahl abgesetzter Ferkel

Im Vergleich vor und nach der Impfung wurden in 77,1 % der Betriebe die Zahl der abgesetzten Ferkel pro Sau und Jahr gesteigert: Im Mittel um + 1,33 Ferkel von 26,06 auf 27,39 Ferkel. Im Klartext: Von 100 Sauen werden im Jahr 133 Ferkel mehr abgesetzt!

Die Investition in die gesundheitliche Verbesserung der Bestände durch die Influenzaimpfung hat hier einen deutlichen Vorteil in der Reproduktion ergeben. Aber rechnet sich das auch?

Investition in die Reproduktion führt zu höherem Deckungsbeitrag

Vergleichen wir einfach die beispielhaften Zahlen zwischen Betrieben mit hohem, mittlerem und niedrigem Leistungsniveau:

Tabelle Wirtschaftlichkeit Reproduktion 2023

Berechnung der Wirtschaftlichkeit der Reproduktion (Ferkelerzeugung), Betrachtungszeitraum: 12 Monate2

Die Betriebe mit einem hohen Leistungsniveau erwirtschaften einen wesentlich höheren Deckungsbeitrag pro Sau im Jahr, indem mehr und auch gesündere Ferkel abgesetzt und am Ende auch verkauft werden. Die Investition hat sich gelohnt!

Atemwegserkrankungen verringern die Mastleistung

Ein weiterer wirtschaftlicher Faktor für eine erfolgreiche Schweinehaltung ist die Mast. Auch hier können Atemwegserkrankungen eine große Rolle spielen. Ihre Auswirkungen innerhalb der Mast wurden in einer Studie aus England genau untersucht.3 Im Mittelpunkt standen dabei Lungenveränderungen, ausgelöst durch Mykoplasmen, Influenza oder Pasteurellen, aber auch Brustfellentzündungen durch APP und andere Erreger. Schweine mit Atemwegserkrankungen können weniger Sauerstoff durch die Lunge aufnehmen und für ihr Wachstum nutzen.

Lungenveränderungen reduzieren das Schlachtgewicht

Die englische Studie konnte einen Zusammenhang zwischen EP-ähnlichen Lungenveränderungen und dem Schlachtgewicht nach Mastende feststellen. Schweine, die während der Mast eine Lungenentzündung  durchstehen mussten, hatten im Durchschnitt ein um 1,26 kg geringeres Schlachtgewicht als Schweine, die von der Erkrankung nicht betroffen waren.

Schwere der Lungenentzündungen wirkt sich zusätzlich aus

Neben der generellen Erkrankung wurde nach der Schlachtung der Tiere auch die Schwere der Lungenentzündung anhand einer Skala von 0 bis 55 in 5er-Schritten bewertet. Dabei wurde ein klarer Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Lungenentzündung und dem Schlachtgewicht festgestellt: Ein Anstieg des Schweregrads um 5 Punkte ging einher mit einer Verringerung des Schlachtgewichts um 0,37 kg.

Auch Brustfellentzündungen verringern das Schlachtgewicht

Ebenfalls untersucht wurden die Auswirkungen von Brustfellentzündungen: Schweine mit diesem Befund hatten im Durchschnitt ein um 1,24 kg niedrigeres Schlachtgewicht.

Die Berechnung des Deckungsbeitrages in der Mast zeigt deutlich, wie groß die Unterschiede innerhalb der verschiedenen Leistungsniveaus sind. In diesem Berechnungsbeispiel wurden zunächst keine Besonderheiten bedacht und nur anhand des Leistungsniveaus bei einer Stallhaltung berechnet:

Tabelle Wirtschaftlichkeit Mast

Berechnung der Wirtschaftlichkeit in der Mast, Betrachtungszeitraum: 12 Monate, Stallhaltung4

Reduzierte Tageszunahmen und schlechtere Futterverwertung verlängern die Mastdauer

Die Verringerung des Schlachtgewichtes ist nur ein Faktor. Es ist zudem teurer, ein bestimmtes Schlachtgewicht zu erreichen. Wurde die Gesundheit der Tiere durch eine Erkrankung beeinträchtigt, wird die Mastdauer durch geringere Tageszunahmen und schlechtere Futterverwertung deutlich verlängert, was wiederum höhere Kosten verursacht und den Deckungsbeitrag je Tier verringert. Bestände mit niedrigerem Leistungsniveau, zum Beispiel durch Gesundheitsprobleme, haben über die gesamte Mastdauer hinweg betrachtet, im Durchschnitt höhere Gesundheitskosten pro Tier.

Die folgende Tabelle zeigt die Berechnung mit veränderten Parametern auf Grund einer Atemwegsinfektion, zum Beispiel mit Actinobacillus pleuropneumoniae (APP). Hier steigen die Verluste, sinken die täglichen Zunahmen, die Futterverwertung wird schlechter und somit verlängert sich auch die Mastdauer, die benötigt wird, um das Schlachtgewicht zu erreichen. Die Kosten für den Tierarzt, Medikamente, Reinigung und Desinfektion steigen zusätzlich.

Tabelle Wirtschaftlichkeit Atemwegserkrankungen

Vergleich des Deckungsbeitrages bei Atemwegserkrankungen im mittleren Leistungsniveau (gestiegene Mortalität, reduzierte Tageszunahmen, gestiegenes Futterverwertungsverhältnis, längere Mastdauer, gestiegene Tierarztkosten), Betrachtungszeitraum: 12 Monate, Stallhaltung5

 

1 Gumpert S. Auswertung von Reproduktionsdaten nach Implementierung einer Impfung gegen das Influenzavirus A(H1N1)pdm09 in Schweinebeständen mit dem Nachweis pandemischer Influenzaviren. Dissertation (2018). LMU München: Tierärztliche Fakultät

2 https://www.stmelf.bayern.de/de/idb/ferkelerzeugungkonv.html (Zugriff: 16.05.2023)

3 Brewster VR, Maiti HC, Tucker AW, Nevel A. Associations between EP-like lesions and pleuritis and post trimming carcass weights of finishing pigs in England. Liv Sci (2017) 201. DOI: 10.1016/j.livsci.2017.04.012

4 https://www.stmelf.bayern.de/idb/schweinemastkonv.html#vollkosten (Zugriff: 16.05.2023)

5 https://www.stmelf.bayern.de/idb/schweinemastkonv.html#vollkosten (Zugriff: 26.05.2023)

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